Mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung: Worauf dürfen wir hoffen?

Ladina, im 3. Lehrjahr, meldete sich mit folgender Nachricht bei uns: «Mein Name ist Ladina J., ich bin 18 Jahre alt und befinde mich derzeit im letzten Ausbildungsjahr zur Chemielaborantin EFZ. Zur Abschlussarbeit im Fach Allgemeinbildung gehört eine Vertiefungsarbeit zu einem frei wählbaren Thema. Ich habe mich für das Thema Autismus entschieden und konnte dazu auch schon einige sehr informative Interviews durchführen.

Nun ist es so, dass diese Arbeit 2/3 Eigenerfahrungen beinhalten sollte. Dazu habe ich schon zahlreiche Sonderschulen und Institutionen angeschrieben und gefragt, ob ein Besuch möglich wäre. Meist aufgrund von Corona erhielt ich bisher aber leider nur Absagen […] Ich fände es sehr schade, wenn ich eine Vertiefungsarbeit über Autismus schreibe, aber dabei nie richtig Kontakt zu einer davon betroffenen Person gehabt hätte.»

 

Nun fragte ich natürlich Jonas sofort, ob er Lust hat zu unterstützen und er antwortete spontan: «Ja, das mache ich! Ich helfe gerne und habe Zeit.» Über die möglichen Risiken einer Ansteckung mit Corona weiss er Bescheid. Er kennt aber auch die Schutzmassnahmen des BAG und wendet sie konsequent an. 

 

An einem Montagnachmittag kam nun Ladina in unseren Laden. Wir hatten eine sehr gute Zeit, in der wir viele Fragen rund um den Autismus und ums Konfi kochen klären konnten. Wir trugen Masken, unsere Hände waren desinfiziert und wir hielten die Abstände. Trotz aller Massnahmen sind solche Begegnungen für Jonas äusserst wichtig. Er bekommt viel Anerkennung und hat die Gelegenheit, sich mit seiner autistischen Wahrnehmung – und auch mit dem Blick seiner Besucherinnen und Besucher darauf – auseinanderzusetzen. 

 

Diese schönen und tragenden Zusammentreffen – ja, die Inklusion – wird Menschen mit Behinderung, die in einer Institution leben, systematisch vorenthalten. Sie dürfen eine solche Anfrage nicht selbst beantworten und somit auch keine eigenen Entscheide fällen. Es wird oft schon seitens Institutionsleitung abgeblockt. Das finde ich nicht gut. Die meisten Menschen mit Autismus gehören nämlich keiner Risikogruppe an.

 

Der deutsche Schriftsteller Bertold Auerbach hat gesagt: «Gewährte Freiheit ist nicht die ganze Freiheit.» Gerade im Kanton Zürich wurde in den letzten Jahren viel über Selbstbestimmung und die UNO-Behindertenrechtskonvention geredet. Auf welche konkreten Umsetzungsschritte dürfen wir heute hoffen?

 

Nicole Ulrich-Neidhardt

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